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ELAN GT6 Adria Sailing

Welches Rigg eignet sich für welche Art des Segelns am besten?

Die Älteren unter uns erinnern sich vielleicht noch. An die guten, alten IOR-Zeiten. Lange ist es hier, aber damals gab es einige echt heiße Renner. Einige davon waren, sind auch heute noch schön und segeln gut und gelten von daher zu recht als Klassiker.

Aber eine Macke haben sie leider trotzdem alle. Riesige, weit überlappende Vorsegel. Vergleichsweise winzige Großsegel. Aber Genuas aus unendlichen Weiten von Segeltuch. Weit überlappend und in jeder Wende so mühsam dichtzuholen, dass für die ganze unendliche Kurbelei damals sogar der „Coffee Grinder“ erfunden wurde. Ein Fitnessgerät an Deck, an dem zwei Bodybuilder ihre Armmuskulatur stärken können, indem sie damit die Genuawinsch antreiben. In jeder Wende erneut, wenn gefühlte zwei Kilometer unter heftigem Druck stehende Schot möglichst schnell dicht kommen soll.

Und weil damals erfolgreiche Serienyachten vor allem „gezähmte“ Versionen erfolgreicher Rennyachten waren, mussten auch Familiencrews und FahrtenseglerInnen auf vielen gängigen Bootstypen riesige Genuas dichtkurbeln. Ja, die Schiffe segelten ordentlich damit. Aber nach einer langen Kreuz die Unterelbe hinauf – lieber nicht mehr daran denken. Und bei zunehmenden Wind diese riesigen Vorsegel entweder wechseln oder mit der Rollanlage verkleinern? Erst recht nicht dran denken!

Was also wäre eine Alternative? Viele denken jetzt an die Kuttertakelung. Und sie ist tatsächlich eine gute Lösung – unter bestimmten Bedingungen. Eine andere wäre das moderne Fraktionalrigg, mit relativ kleineren Vorsegeln und einem gut trimmbaren und leicht zu reffenden Großsegel.

Wozu also die Kuttertakelung? Auf See, auf langen Strecken, ist sie ideal. Robust und vielseitig. Zwei Segel lassen sich besser variieren und den Bedingungen leichter anpassen. Man kann auch mal mit nur dem einen, mal mit nur dem anderen Segel fahren. Das gilt natürlich auch für eventuelle Schäden im Rigg oder an den Segeln. Aber das Kreuzen in Küstennähe oder im Revier ist nicht mehr so ideal. Meist müssen in jeder Wende zwei Vorsegel gewendet werden; eines davon, wegen des geringeren Abstands zwischen Vor- und Kutterstag, mit vermutlich ebenso viel Kurbelei an der Winsch verbunden wie die Genua auf einer Sloop. Die wäre dann, am Wind, auch noch effektiver – ein Segel statt zwei, das zieht einfach besser, vermutlich auch noch mit mehr Höhe am Wind.

Wenn das Kutterrigg ideal proportioniert ist, segelt das Schiff bei viel Wind auch nur unter Kutterfock und Großsegel noch anständig. Das wäre, vom Handling her, dann eine wirklich Erleichterung: Bei einer kurzen Kreuz oder auffrischendem Wind nur das äußere Vorsegel einrollen und weiter segeln.

Nur – auf dem Heimatrevier oder beim Küstensegeln wird die moderne Sloop dann einfach deutlich besser Kreuzen. Selbst mit einem eher kleinen, nur wenig überlappenden Vorsegeln von etwa 110 Prozent der Fläche zwischen Vorstag und Mast. Dieses Segel kann ganz unproblematisch und ohne viel Kraftanstrengung gewendet werden, ist aber einer reinen Selbstwendefock von der Performance her deutlich überlegen. Denn hier wird die Strömung über das Großsegel durch die wenn auch kleine Überlappung und die dort entstehende „Düse“ verstärkt, was bei einem nicht überlappenden aber selbstwendenden Vorsegel nicht der Fall ist. Übrigens erst recht nicht, wenn es sich hier um eine noch kleinere, selbstwendende Kutterfock handelt...

Und wenn wir dann abfallen? Auf der Kuttergetakelten Yacht kann dann das große Vorsegel vorne, oftmals „Yankee“ genannt, wieder ausgerollt werden. Doch für den schnellen Sprint im Revier noch viel effektiver wäre dann ein Gennaker, vielleicht im. Bergeschlauch, oder ein „Code“-Segel, welches meist auf einer Rolle an einem kleinen „Bugspriet“ noch vor dem Bugkorb gefahren wird. Das ist mit etwas mehr Aufwand verbunden, dafür geht dann hier auch die Post ab! Wenn man zu Beginn einer Tagestour weiß, dass man das große Vorsegel für raume Kurse einsetzen wird, kann es oftmals schon vor dem Auslaufen, noch im Hafen aufgerollt gesetzt und so vorbereitet werden, dass es später nur noch ausgerollt werden muss – was allerdings in der Praxis nur bis zu einer gewissen Windstärke praktikabel ist.

Das Fazit: Die Kuttertakelung ist, weil robust und variabel, für das Langfahrtsegeln über den Ozean ideal geeignet. Doch für den schnellen Segelspaß im Revier empfiehlt sich die moderne Sloop mit Fraktionalrigg und moderat kleinem Vorsegel.

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