#85 - Traum-Material für Traum-Yachten: Aluminium!

Über das Material und die Herstellung von Alu-Rümpfen für ALLURES und GARCIA

Wer sich ernsthaft überlegt, eine Aluminium-Yacht zu kaufen, der wird meist eher „größere“ Pläne und Ideen haben. Für ein Segelboot, das meist im Küstenbereich unterwegs ist und das auch nur für wenige Urlaubswochen im Jahr, sind aus GfK gefertigte Yachten meisten vollkommen ausreichend. Wenn es über den „großen Teich“ gehen soll, vor allem aber, wenn Sie vorhaben in Revieren zu segeln, die weitab vom Schuss sind, sollte das Thema Sicherheit eine größere Rolle spielen. Für Fahrten in die hohen Breiten, sei es Arktis oder Antarktis, oder in Gebiete mit Eisgang, sollte Aluminium das Material der Wahl sein.

Wir haben in diesem Artikel den Experten für den Bau der Alu-Rümpfe bei GARCIA und ALLURES, Antonio Costa, angesprochen, seine jahrzehntelange Erfahrung und hohe Expertise im Bereich Aluminium-Bootsbau mit uns zu teilen. Die wichtigsten und am häufigsten gestellten Fragen, die uns bei Kaufberatungen von Ihnen gestellt werden, haben wir ihm gegeben: Ein lehrreicher und interessanter Einblick nicht nur in die Materialkunde rund um diese leichte und robuste Legierung, sondern auch in die hohe Bauqualität und Erfahrung, die in jedem Rumpf steckt, der die Grand Large-Werft in Cherbourg verlässt.

Aluminium als Bootsbaumaterial, das ABC der Alu-Yachten

Die häufigste Frage, die uns im Zusammenhang mit Aluminiumbooten gestellt wird, ist die Frage nach der Qualität des Materials. Gibt es „hochwertiges“ oder auch „billiges“ Alu? Kann man, ähnlich wie bei anderen Materialien, zwischen verschiedenen „Sorten“ unterteilen und was sind die Unterschiede hierbei, vielleicht in Bezug auf Korrosion, Steifigkeit oder Bruch-Resistenz? Antonio sagt: „Ja und nein. Grundsätzlich werden die Aluminiumlegierungen in „Serien“ unterteilt. Wir unterscheiden zwischen 1000, 2000, 3000 usw. bis zur Serie 6000. Diese Legierungen kann man tatsächlich je nach dem vorgesehenen Einsatzbereich und Einsatzzweck unterteilen, da sie unterschiedliche Materialeigenschaften besitzen.“

„Für unsere Yachten, also ALLURES wie auch GARCIA verwenden wir ausschließlich Aluminium aus den Serien 5000 und 6000.“ Also die höchste Qualität für unsere Boote? Antonio wird genauer: „Die Serie 5000, hierbei insbesondere die 5083, wurde speziell für marine Anwendungen entwickelt. Diese Legierung bietet eine hervorragende Widerstandsfähigkeit gegen Salzwasserkorrosion.“ Antonio erklärt, dass beispielsweise die 2000 viel besser für den Einsatz in der Luftfahrt geeignet sei. Die Serien-Nummern sind also keine Qualitäts-Abstufung, sondern geben die Einsatz-Präferenz vor. „Die Zeiten des Billig-Aluminiums sind in unserer Branche eigentlich weitgehend vorbei“, sagt Antonio: Früher wurden andere, nicht unbedingt minderwertigere, aber eben andere Legierungen verwendet: „Die Werft Meta zum Beispiel hat früher, soweit ich weiß, mit Strongall gearbeitet. Allerdings verwenden alle mir bekannten namhaften Werften das Aluminium 5083.“

Für bestimmte Bereiche an Bord der Boote eignet sich allerdings das Alu der Serie 6000 besser. Für die Profile der Yachten, wenn man so will das Grundgerüst oder „Gerippe“, wird bei Grand Large Yachting Alu der Serie 6060, 6005, 6082 verwendet, die die Rümpfe dann verstärken. „Das sind vor allem Bereiche, die höheren lokalen Belastungen ausgesetzt sind. Die Unterschiede dieser Legierung liegen hauptsächlich in der Schweißbarkeit, Korrosionsbeständigkeit, mechanischen Festigkeit und ästhetischen Oberfläche.“, sagt Antonio. „Manche Legierungen erfordern zudem eine Anodisierung. Andere, bestimmte Legierungen sind so speziell, dass nicht einmal wir sie in unseren spezialisierten Werkstätten schweißen können.“ So oder so, Antonio merkt an, dass die auf Alu-Yachten spezialisierten Schiffsarchitekten all dies berücksichtigen und schon in den Bauplänen die Arten der Legierungen vermerkt sind. „Allerdings,“, meint er: „Für die Rumpfverkleidung, also die Außenhaut, nehmen wir immer Alu der Serie 5000.“ Wenn Sie zu diesem Thema mehr wissen möchten, empfehlen wir dieses PDF.

Thema Kollisions- und Eissicherheit: Wie dick sollte eine Alu-Yacht sein?

Sie haben sicher unsere verschiedenen Beiträge über das Segeln in den Gebieten der Nordwest-Passage oder in der Arktis/Antarktis schon gelesen. Für sehr viele Segler ist es die Erfüllung eines absoluten Lebenstraumes, einmal die majestätischen Schnee-Landschaften, die riesigen Eisberge und schier endlosen Growler-Felder der extremen Breiten unseres Planeten zu sehen. In solchen Fahrtgebieten ist der Kontakt mit Eis eigentlich unvermeidbar: Mit einem Plastikboot sollte man das nicht machen! Doch wie dick und robust sollte ein Alu-Boot eigentlich sein, damit Sie und Ihre Familie beruhigt sein können?

„Zunächst einmal: Unsere Yachten sind keine Eisbrecher!“, sagt Antonio: „Wir empfehlen auch, nicht unbedingt bewusst ins Eis zu steuern und schon gar nicht, sich einschließen zu lassen.“ Das hätten zwar schon Eigner gemacht und es ist auch alles gut gegangen – das waren dann aber meist absolute Profis, wie Jimmy Cornell. Eine ALLURES oder GARCIA hat keine Eisklasse, auch wenn das hier und da immer wieder in Foren auftaucht: „Eine offizielle Eis-Zertifizierung ist sowieso nur für Schiffe ab 24 Metern Länge möglich". Auch kommerziell genutzte Großyachten, die im Eis unterwegs sind, kann man erst ab 300 Bruttoregistertonnen durch Lloyd´s & Co zertifizieren lassen: „Das sind dann aber Schiffe mit 30, 40 Metern Länge.“ Für Ihre ALLURES und GARCIA können Sie sich auf eine wesentlich höhere Unempfindlichkeit gegenüber Kollisionen und auch Eisbrocken verlassen – der Arktis den Kampf ansagen sollte allerdings kein Skipper mit Verstand.

Antonio gibt etwas mehr Einblick in die Rumpfkonstruktion der Grand Large-Aluyachten: „Wenn Du es genau wissen möchtest, dann kann ich sagen dass im Bodenbereich 10 Millimeter starke Platten verwendet werden, darüber dann 8 und 6 Millimeter und an den oberen Bordwänden, wo Berührungen eher unwahrscheinlich sind, dann immerhin noch 5 Millimeter.“ Also ist immer mindestens ein halber Zentimeter massives Metall zwischen Ihnen und dem Ozean: Und das ist eine ganze Menge Widerstandskraft! Was das „primäre Skelett“ der Boote angeht, variiert auch hier die Materialstärke: Immerhin wollen auch wir, dass die Boote so leicht wie möglich bleiben, um noch schnell zu segeln. „Für die Verstärkungen im Kielbereich, den Bodenteilen, Spanten und Decksbalken sind die Aluträger zwischen 1 und 1.2 Zentimeter dick“, erklärt Antonio. Und das, finden wir, klingt beeindruckend stark!

Wie verhält sich ein GfK-Rumpf bei Kollisionen und wie einer aus Aluminium?

Doch nun mal „Butter bei die Fische“: Wie verhalten sich nun Plastik-Boote und Alu-Yachten bei Kollisionen? Da muss es doch sicher Studien oder offizielle Zertifikate geben, fragen wir Antonio. Der meint: „Zunächst zur Kollision. Aus mechanischer Sicht ermöglicht die höhere Elastizität von Aluminium eine grundsätzlich größere Verformung des Materials, bevor es versagt. Ganz im Gegensatz zu Kunststoff, also den GfK-Kompositen, die eher steifer sind und daher weniger flexibel. Diese reißen oder brechen meist sehr plötzlich bei einer Krafteinwirkung.“

Schadensbilder und Berichte aus der Praxis bestätigen dies: „Aluminiumrümpfe, die mit schwimmenden Objekte (UFOs) wie Paletten, Ästen und Stämmen oder sogar Containern zusammengestoßen sind, haben sich verformt. Sie reißen aber selten.“ Das kennen Sie bestimmt aus der einen oder anderen Marina, wenn Sie eine betagtere Alu-Yacht sehen: Die Beulen an Bug oder auch an der breitesten Stelle des Rumpfes bezeugen, wie gut das Material Stöße abfängt. Sie sind unschön, diese Beulen – aber besser, als Löcher, oder? Antonio weiter: „Auch erwähnenswert: Unser Marine-Aluminium der Serie 5083 oder 5086 hat eine mechanische Festigkeit von 270 bis 350 MPa (Megapascal, eine Einheit um Druck zu messen). Das ist zwei- bis dreimal höher (!) als die Druckresistenz von Polyester-Kompositen, die meist bei nur 80 bis 150 MPa liegt.“ Noch Fragen?

Zum Thema Zertifikate und Klassifizierung meint Antonio, dass für alle Freizeityachten die CE-Klasse ausschlaggebend ist. „Unsere Yachten sind natürlich auch alle CE-zertifiziert und entsprechen Normen, die ihre Designkategorie definieren. Da wird auch oft viel durcheinander gebracht, denn die CE-Klassen unterscheiden eigentlich nur eines: Nämlich für welche Art von Seebedingungen eine Yacht bestimmt ist, die sie sicher bewältigen kann.“ Segelyachten von GARCIA und ALLURES sind allesamt für die CE-Designkategorie A zertifiziert und damit für Winde über Beaufort-Stärke 8 und Wellen über 4 Meter. „Ausgenommen sind da natürlich außergewöhnliche Bedingungen wie Hurrikane, schwere Stürme oder Monsterwellen.“, sagt Antonio. Hier haben wir für Sie die Designkategorien (CE-Zertifizierung) einmal aufgelistet:

Im Falle eines Falles: Wie einfach (oder schwer) lässt sich eine Alu-Yacht eigentlich reparieren?

Hier kann Antonio angehende Alu-Skipper beruhigen: „Aluminium kann fast überall repariert werden. Man benötigt lediglich den richtigen Schweißer und eine gute Stromversorgung! Denn ein großer Vorteil von Aluminium ist, dass eigentlich jeder versierte Schweißer zumindest vorübergehende Reparaturen ausführen kann, ohne gleich Bootsbauer sein zu müssen.“ Und die findet man überall auf der Welt, selbst in PKW-Werkstätten. Antonio erzählt, dass selbst bei Schäden, bei denen der Rumpf durchstoßen wurde, sehr einfach wasserdichte Aluminium-„Flicken“ über den Schaden angebracht werden können, ohne dass man seine Weltreise oder Expedition unterbrechen müsse.

„Die grundlegenden Werkzeuge hierfür sind natürlich ein Schweißgerät und eine Winkelschleifmaschine. Man braucht keine speziellen 2K-Harze, Glasfasermatten, chemische Katalysatoren oder Schleifgeräte, um die ursprüngliche Strukturfestigkeit wiederherzustellen.“, sagt Antonio. Reparaturen an GfK-Rümpfen erfordern viel Spezialwissen und komplexe Arbeitsschritte, die am besten nur von Profis ausgeführt werden sollten, vor allem wenn die komplexen Gelege oder gar die Sandwich-Struktur beschädigt ist. Und das unter ganz speziellen Bedingungen, was Temperatur und Feuchtigkeit angeht. Eindeutig ein Vorteil für Alu, wie wir finden. „Grundsätzlich wird Alu mit zwei Techniken geschweißt: MIG oder TIG“, sagt Antonio.

Für das MIG-Schweißen (Metal Inert Gas) wird ein nicht brennbares Gas, in unserem Fall Argon, verwendet, um einen sauberen Schmelzpool zu erhalten. Denn beim Schweißen an der offenen Luft verunreinigen die Gase, aus denen unsere Atmosphäre besteht, die Schweißnaht. Es wird zudem ein Zusatzmetall automatisch während des Prozesses zugeführt – was man dann „halbautomatisches Schweißen“ nennt. Antonio meint: „MIG-Schweißen ist schnell und eignet sich gut für dicke Aluminiumabschnitte. Es ist auch einfacher zu erlernen, wenn man Anfänger ist.“ Anders sieht es beim TIG-Schweißen aus. Als Gas wird auch hier Argon verwendet, das Metall aber wird manuell mit einem Stab hinzugeführt. „Wir verwenden die TIG-Methode vor allem bei Präzisionsschweißungen. Es ist sauberer und auch viel ästhetischer als MIG.“ Etwa 90%  eines GARCIA oder ALLURES-Rumpfes sind mit MIG geschweißt, TIG ist für technische oder ästhetische Schweißungen reserviert.

Wenn, dann richtig! Warum es sich lohnt, bei Aluminium-Yachten auf Qualität zu setzen.

Uns ist natürlich vollkommen bewusst, dass der Preisunterschied einer Alu-Yacht zum GfK-Boot ganz enorm ist. Aus diesem Grund legen wir bei BLUE YACHTING besonders großen Wert darauf, Ihr realistisches, echtes Segelprofil und den Einsatzzweck der Yacht herauszubekommen. Wenn es ernsthaft und wirklich in die nördlichen Breiten gehen soll, gebietet es eigentlich die gute Seemannschaft und der gesunde Menschenverstand, in die Sicherheit Ihrer Crew, Ihrer Familie und Ihrer Gäste zu investieren. Wie gesagt, an Alu kommt man dann eigentlich nicht mehr vorbei. Doch auch hier gibt es „solche“ und „solche“ – auch Alu-Yachten sind mit teilweise interessanten Preisunterschieden zu haben.

Einige Aluminium-Yacht Anbieter, wie Alubat beispielsweise, setzen auf „hard chine“-Rümpfe. Das sind klassische Knickspanter, bei denen der Rumpf nur aus fünf bis acht Längspaneelen zusammengeschweißt wird. Eine besonders einfache und zeitsparende Methode. Selbstverständlich ist es viel aufwändiger, einen smoothen Rundspant herauszuarbeiten. „Es ist schwer, eine genaue Zahl zu nennen, da ich selbst noch keinen hard-chine-Rumpf gebaut habe. Es stimmt aber, dass der Bau von Knickspantern allgemeinen als weniger arbeitsintensiv gilt als unsere aufwändigen – und auch sehr ästhetischen – Rümpfe.“, sagt Antonio. Unsicherer sind Knickspanter natürlich nicht – allerdings sieht man schon am Rumpf, dass das hydrodynamische Verhalten, also die Segeleigenschaften, eigentlich nicht mit einem smoothen Rundspanter mithalten kann. Finden wir zumindest.

Wenn man im weiteren Spektrum der Yachten, die man kaufen kann, schaut und GARCIA oder ALLURES mit gleichwertigen GfK-Yachten aus dem gehobenen Luxus-Segment vergleicht, beispielsweise mit Hallberg-Rassy, Sirius oder Amel, relativiert sich die Budgetfrage schnell: Denn da sind unsere hochspezialisierten Aluminium-Yachten auf einmal gar nicht mehr "teuer", sondern überraschend "günstig". Der Luxus zum Beispiel, den eine GARCIA Exploration 60 bietet, kann aus unserer Sicht locker mit den Premium-Plastik-Produkten der Branche mithalten - nur eben mit dem großen Plus an Sicherheit und "go anywhere"-Eigenschaften. Wie immer, ist alles eine Frage der Perspektive.

„Es lohnt sich für Euren Artikel in jedem Fall zu erwähnen, dass Aluminium zu 100% recycelbar ist!“, schiebt Antonio Costa noch hinterher: „GfK kann man derzeit nur schreddern und verbrennen, im besten Fall zu Straßenbelag verarbeiten. Eine Alu-Yacht – gut gepflegt – ist praktisch ewig haltbar.“ Das ist übrigens auch der Grund, warum selbst 20, 30 oder 35 Jahre alte Gebrauchtboote aus Alu noch vergleichsweise teuer sind: Der Werkstoff machts! Als Eigner einer ALLURES oder GARCIA können Sie sich also nicht nur über eine erhöhte Sicherheit und unerreichte Steifigkeit beim Segeln freuen, sondern auch über einen top Werterhalt und damit hohen Wiederverkaufswert Ihrer Yacht.

Wir bedanken uns herzlich bei Antonio Costa! Sie haben eine gute Chance, Antonio bei einem Werftbesuch in Cherbourg zu treffen. Bitte kontaktieren Sie uns, wenn Sie sich mit dem Gedanken tragen, in eine Aluminium-Yacht zu investieren. Wir sind seit mehr als 12 Jahren, der offizielle Händler für GARCIA und ALLURES und mit über 50 verkauften großen Explorer-Yachten äußerst erfahren in Wartung, Pflege, Reparatur und Upgrades solcher Boote. Ich freue mich sehr, Ihnen die eine oder andere  dieser Yachten in Bremerhaven zeigen zu dürfen! Jetzt im Winter ist die beste Zeit für einen Termin bei uns im Winterlager.